Das kommt von Herzen
Was passiert eigentlich, wenn Beziehungen sich ändern? Ehen, Freundschaften, Liebe? Die Beteiligten können aufgeben. Oder sie kämpfen um das, was ihnen viel wert ist, weil sie es bewahren wollen.
Viele Zuschriften, die uns erreichen, vermitteln dieses Gefühl. Eine davon dürfen wir euch heute mit freundlicher Genehmigung des Autors zeigen:
Times are changing
Lieber Uli, Deine aktive Zeit als Spieler habe ich nicht miterlebt, da ich erst 1978 erstmals ins Stadion ging. Dass es da jemanden gibt, der aus einem verschuldeten Verein mit viel Geschäftssinn, innovativen Ideen und dem unbedingten Erfolgswillen das erschuf, was den Club bis heute ausmacht, habe ich aber früh mitbekommen.
Dass dieser Erfolgsmensch aber auch viele weiche Seiten hat und unterstützte wo es ging und nötig war (Gerd Müller ist nur eines von vielen Beispielen) und den Verein wirklich als Familie ansah, wurde mir erst klar, als ich älter wurde. Ich habe Dich bis aufs Blut verteidigt bei den hässlichen Schlachten, die ein Lemke, ein Daum, der neidische Gegner und Teile der Presse gegen Dich geführt haben.
Ich habe fast alle Deiner emotionalen Ausraster abgefeiert. Wenn es jemand gewagt hat, den Ruf des Ruhmreichen von 1900 zu beschädigen, oder wenn es einfach mal darum ging durch einen markigen Spruch die Aufmerksamkeit von der Mannschaft auf Dich zu lenken (was die Medien Jahrzehnte nicht verstanden haben).
Als der Steuerprozess lief, war ich ständig auf allen Kanälen live dabei, um zu erfahren, was es an Neuigkeiten gibt. Nach dem Urteil raubte mir das Ergebnis den Schlaf.
Ich bejubelte live im Audi Dome Dein „das war's noch nicht“, beteiligte mich mit einem sehr ehrlich gemeinten und persönlichen Text an einer Brief-Aktion, die Dir einige Fans ins Gefängnis schicken ließen, um Dir Durchhaltevermögen und Kraft zu spenden.
Ich wählte Dich mit voller Überzeugung wieder bei der JHV 2016, folgte Deiner Einladung für diejenigen, die die Jahreshauptversammlung im Zelt verfolgen mussten wegen Überfüllung des Domes und fand auch diese Geste typisch Bayernfamilie, typisch Hoeneß (und ich bemitleidete Dich für die peinliche Polonaise die Du mitmachen musstest, da just an dem Tag die Meisterschaft feststand).
Und dann?
Kamen auf einmal Dinge, die ich nicht begreifen konnte. Handlungen, Reaktionen, Aussagen die so gar nicht das verkörpern, was für mich das durch Dich geprägte Bild des FC Bayern, des "mia san mia" ausmachte.
Eitelkeiten, Umgang mit Trainern, Entscheidungsschwäche.
Dinge, die vermuten lassen, dass es darum geht, sich nochmal zu beweisen, dass man sich durchsetzen kann, dass das was vor 30 Jahren erfolgreich war auch heute noch zum Erfolg führt.
Verhöhnen und beschimpfen von allen und allem, was nicht dem eigenen Bild entspricht, seien es neue Medien, moderne Trainer oder Entwicklungen in Gesellschaft und im Fußballgeschäft.
Für mich ein Schock, denn das ist nicht der Uli Hoeneß, der diesen Weltverein mit Herz und den Familienverein FC Bayern groß gemacht hat. Der traurige Höhepunkt war die JHV im November 2018 und die folgenden Tage. Die dort gezeigte völlige Absenz jedweder Kritikfähigkeit, stattdessen Unterstellungen und Gegenangriffe.
Das eigentlich unantastbare Denkmal bröckelt dadurch gewaltig, und das schmerzt zu sehen.
Tu Dir den Gefallen und beschädige das nicht weiter. Du hast jetzt ein Jahr Zeit, um einen geordneten Übergang einzuleiten und im November 2019 den wohlverdienten Posten eines Ehrenpräsidenten einzunehmen und in den rotweißen Olymp einzuziehen, in den es vor Dir nur Kurt Landauer, Willi Neudecker und der Kaiser geschafft haben.
Ach Uli, dass es dazu kommen musste
In Dankbarkeit für das Vergangene, Sorge um das Heute und Hoffnung für das Morgen.
CK