Unsere Wortmeldung auf der JHV 2019
Da die Wortmeldungen gestern auf der JHV wegen der großen Anzahl kurzfristig auf 3 Minuten eingeschränkt wurde veröffentlichen wir hier unseren kompletten Text der Wortmeldung.
Wir danken noch mal Thomas Jaud (die dritte Rede) für den Vortrag unserer Wortmeldung sehr herzlich.
Lieber FC Bayern München,
ich halte normalerweise keine Reden vor derart vielen Menschen. Darum verzeiht mir, wenn ein paar Unsicherheiten drin sind, aber das passiert ja selbst gestandenen Profis, gell Hasan?
Es ist uns sehr wichtig, heute ein paar Worte persönlich an das Präsidium des eV, die Vorstandschaft der AG und die sportliche Leitung unserer Lizenzspielerabteilung zu richten. "Uns" - das ist ein kleine Gruppe von Bayernfans, die ich auf diesem Wege herzlich grüße und deren Meinung ich mit vertrete.
Wir erleben heute eine historische Jahreshauptversammlung. Nach 49 Jahren wird es das erste Mal und endgültig einen FC Bayern ohne Uli Hoeneß in offizieller Funktion geben. Als Spieler, als Manager, als Präsident und als Kämpfer an vorderster Front für diesen Verein haben Sie, Herr Hoeneß, zweifellos Geschichte geschrieben. Sie haben länger für diesen Verein gearbeitet, als ich auf der Welt bin.
Es gibt wahrscheinlich keine Worte, um auszudrücken, wie dankbar alle sind, denen dieser Verein am Herzen liegt. Ohne Sie, Herr Hoeneß, gäbe es zwar wohl den FC Bayern. Aber nicht in dieser Form.
Danke, Herr Hoeneß. Danke für alles. Ihre Verdienste sind nicht hoch genug zu loben. Und doch gibt es etwas, das noch viel höher einzuschätzen ist und das wir heute hervor heben möchten:
Sie haben den Verein gesund übergeben. Sportlich, wirtschaftlich und strukturell haben Sie mit Ihrem Abschied Ihr Lebenswerk gekrönt.
Fünf Worte verhinderten, dass wir alle Sie auch genau so und nicht anders in Erinnerung behalten konnten:
"Das war es noch nicht!"
Denn diese Übergabe, mit der Sie sich endgültig ein Denkmal setzten, fand schon 2013 statt. Sie hatten alle wichtigen Positionen goldrichtig besetzt, die bestmöglichen Entscheidungen getroffen. Der Verein stand daraufhin, vor allem auch in der internationalen Wahrnehmung, besser da denn je.
Wenn wir zum heutigen Abschied eine Frage frei haben, dann ist es die: Was hat Sie veranlasst, diesen Weg im Jahr 2016 wieder zu verlassen und "zurückzudrehen", wie Sie es einmal formulierten?
Ein drittes "Danke" haben wir noch, Herr Hoeneß. Danke, dass Sie jetzt den Schritt machen und einen Verein übergeben, auf den Sie zu Recht stolz sein können und der auf ewig mit Ihrem Namen verbunden bleiben wird.
Herzlich Willkommen, Herr Hainer! Wir freuen uns auf Sie und wissen zu schätzen, dass wir einen Präsidenten bekommen, der emotional so mit dem Verein verbunden ist, und der lange Jahre beobachten konnte, wie dieser Verein geführt wird. Wir denken, dass alle sehr gespannt darauf sind, wie das erste Jahr unter Ihrer Präsidentschaft laufen wird. Wir wünschen Ihnen nur das Beste und versichern Ihnen, dass wir weiter mit ganzem Herzen dabei sind!
Herr Rummenigge, liebe Vorstandsmitglieder:
Die Stellung der FC Bayern München AG ist einzigartig in der Fußballwelt und sucht auch als Wirtschaftsunternehmen ihres Gleichen. Auch dafür: herzlichen Dank!
Leider ist es uns und auch vielen anderen Mitgliedern seit einiger Zeit nicht mehr möglich, ein Trikot des FC Bayern zu kaufen. Die Zusammenarbeit mit dem Flughafen aus Quatar, dessen Eigner der Staat Quatar ist, macht es uns unmöglich. Denn wir können nicht stolz auf unsere Historie als "Judenclub" sein und gleichzeitig für einen Staat werben, in den Kurt Landauer nur unter allerstrengster Beobachtung einreisen dürfte. Hier ist für viele Fans eine Grenze überschritten und wir bitten eindringlich darum, eine Lösung zu finden.
Doch auch herzlichen Dank zu diesem Thema: wie der FC Bayern mit seiner Geschichte umgeht und Projekte wie die Kurt Landauer Stiftung fördert, ist aller Ehren Wert!
Besonders die sportliche Situation und Entwicklung liegt uns derzeit am Herzen. Darum bitten wir Herrn Rummenigge, Herrn Salihamidzic und die Herren Hoeneß und Hainer, die in ihrer Eigenschaft als Präsident des eV die höchste sportliche Weisungsgewalt laut Satzung haben, doch einmal um eine reflektierte und sachliche Auseinandersetzung mit folgender These:
Mit der Installation von Louis van Gaal als Cheftrainer im Jahre 2009 hat der FC Bayern erstmals in seiner Historie einen konzeptorientierten und international angesehenen Weg begonnen. Jupp Heynckes und Pep Guardiola konnten, unterstützt von einem extrem professionellen Umfeld mit Personen wie Matthias Sammer, Michael Reschke oder Erik ten Hag im Unterbau, diese sportliche Philosophie fortführen und ausbauen. Mal in extremer Ausprägung, mal etwas variiert, aber immer mit dem Ziel, den FC Bayern auf dem Platz pures Mia san mia ausstrahlen zu lassen. Dominanz in Reinform, um Gegnern auf und neben dem Platz extrem beherrschend, aber auch respektvoll und fair gegenüber zu treten.
Mit Carlo Ancelotti wurde dieser Weg dann 2016 erstmals wieder verlassen. Herr Ancelotti wollte hier auf die Philosophie aufbauen und neue Elemente implementieren. Leider konnte er dieses Versprechen nicht halten - die Folgen haben wir alle beobachtet. Und es gab bereits im Sommer 2017 nicht wenige Stimmen, die bezweifelten, dass es mit Ancelotti weitergehen muss. Im Oktober 2017 sahen sich diese Zweifler dann leider bestätigt.
Aus so etwas lernt man dann eigentlich...
Mit Niko Kovac wurde ein Trainer aus einer Tabellenregion verpflichtet, die weit weg vom FC Bayern ist. Ohne jegliche Erfahrung in der Champions League, die selbst definiert das Maß aller Dinge für den FC Bayern ist, und offensichtlich ohne tatsächlich eine ausreichende fachliche Qualifikation nennen zu können. Dafür kann Niko Kovac nichts - das sind Dinge, die derjenige erklären muss, der diesen Vertrag auf Vereinsseite unterschreibt.
Wir wollen hier auch nicht nachtreten. Die Trennung von Niko Kovac lief in unserer Wahrnehmung von beiden Seiten sehr stilvoll ab. Kompliment! Das war bayern-like, da wurde aus schlechten Umständen noch das Beste gemacht.
Aber diese Zeit unter Niko Kovac, die technische und taktische Entwicklung der Mannschaft und die Außendarstellung sollten doch nun wirklich endlich allen gezeigt haben, wofür der FC Bayern nicht steht. Nicht stehen darf!
Schauen Sie einfach hin, wie der Fußball aussah, den Topspieler zeigten, und fragen Sie sich selbst: Ist das der Weg, den der FC Bayern gehen will?
Uli Hoeneß hat angekündigt, dass wir bis nach der Länderspielpause wissen, wie es in der Trainerfrage weitergeht. Wir haben das Gefühl, dass von dieser Frage mehr abhängt als nur die nächsten zwei, drei Jahre. Jetzt ist die Chance da, wieder an die sportliche Identität anzuknüpfen, die uns bis 2016 auszeichnete. Darum hoffen wir auf eine weise Entscheidung, wünschen Ralf Rangnick weiter viel Erfolg in seiner Tätigkeit beim Getränkehersteller und freuen uns unglaublich auf die Rückkehr von Erik ten Hag.
"Mia san mia" entstand mal aus einer riesigen Portion "Wir-Gefühl". Das wurde wie nie zuvor transportiert, als Jupp Heynckes und Pep Guardiola hier Trainer waren. Da gab es nicht auf der einen Seite "die Mannschaft, die nicht hörte", und auf der anderen den Trainer, der schier hilflos war, wenn die Mannschaft nicht hörte...
Da gab es "uns". Wir siegten und verloren zusammen. Da müssen wir wieder hin!
Wir empfanden den FC Bayern 2009 bis 2016 nicht weniger herzlich oder familiär als in den Jahren davor. Bitte sehen Sie sich an, was in dieser Zeit Ausschlag gebend war - und holen Sie diese Qualität wieder in den Verein. Das ist tausend Mal mehr Wert als alle Topspieler dieser Welt. Und Sie wissen das.
Nach der letzten Jahreshauptversammlung gab es eine harsche Kritik daran, dass der Redner Johannes Bachmayr von einem Laptop abgelesen hat und keine Fragen stellte.
Ich habe heute von Papier abgelesen und Fragen gestellt. Und wir sind auch im Nachgang gerne zu einem intensiven Dialog und einer Auseinandersetzung bereit. Sie können sich gerne Zeit nehmen und wir unterhalten uns dann beim nächsten Präsidentengespräch - sofern diese schöne Tradition fortgeführt wird - über meine Rede.
Es läge mir am Herzen. Weil uns der FC Bayern am Herzen liegt.
Herzlichen Dank.